Heinrich Schaeffer

Postdienst auf dem Bahnhof

Der Posthilfsbote Säbelbein
Lädt für Berlin Pakete ein.
Dem Hilfspackmeister Livius
Ist's heil'ge Pflicht und Hochgenuss,
Hier zuzuschaun, wie Säbelbein
Lädt für Berlin Pakete ein.

Da kommt von links her Stiefelband,
Ein neugebackner Praktikant.
Er prüft, ob auch der Livius
Nachschaut – so wie er soll und muss –
Ob Posthilfsbote Säbelbein
Lädt wirklich die Pakete ein.

Schon nähert sich von Süden her
Des Postamts Obersekretär.
Er späht, ob auch der Praktikant
Tatsächlich nachprüft unverwandt,
Ob Hilfspackmeister Livius
Nachschaut – so wie er soll und muss –
Ob Posthilfsbote Säbelbein
Lädt sämtliche Pakete ein.

Zuletzt tritt aus dem Bahnhofstor
Der Postdirektor selbst hervor.
Er forscht und lauscht von ungefähr
Ob auch der Obersekretär
Sich überzeugt, dass Stiefelband
Nachprüft, getreu und unverwandt
Ob Hilfspackmeister Livius
Nachschaut – so wie er 's soll und muss –
Ob Posthilfsbote Säbelbein
Lädt wirklich die Pakete ein.

Die Glocke tönt. Dort fährt der Zug.
Doch leider gab's nicht Zeit genug,
Dass Posthilfsbote Säbelbein
Lud sämtliche Pakete ein.
Die halbe Ladung blieb zurück.
O Missgeschick, o Schicksalstück'!
Der Postdirektor lobesam
Enteilt viel schneller als er kam,
Der treue Obersekretär
Klabastert spornstreichs hinterher,
Indes der junge Praktikant
Im Wartesaale I verschwand.
Und Livius trank ohne Zorn
In IV. Klasse einen „Korn“.

Auf dem Perron steht ganz allein
Der Posthilfsbote Säbelbein
Und spricht: »So geht es allemal,
Weil Mangel ist am Personal!«

Quelle:
„Das lustige Salzer-Buch“ Hrsg. Marcell Salzer, Hamburg 1912

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